Die Arzneimittelüberwachung in der Psychiatrie
AMÜP/AGATE
Glossar AMÜP/AGATE Stand 15.01.2015
Erfassungsbogen UAW KinderAGATE
Die AMÜP/AGATE arbeitet als „intensiviertes Spontanerfassungssystem“. Der Begriff besagt, dass in den angeschlossenen Häusern regelmäßig Mitarbeiter des ärztlichen und des pflegerischen Dienstes („Monitore“) auf den Stationen nachfragen, ob in der jüngsten Vergangenheit eine schwere unerwünschte Arzneimittelwirkung (sUAW) aufgetreten ist. Außerdem schauen die Monitore selbständig die Krankenblätter durch. Die Definition einer „schweren UAW“ richtet sich nach den international üblichen Kriterien. Im klinischen Alltag hat sich das
Absetzen der Medikation
als UAW-Signal besonders bewährt. Immer dann, wenn der behandelnde Arzt ein Arzneimittel-bedingtes Symptom zum Anlass nimmt, ein bestimmtes Medikament abzusetzen, gilt dies im Rahmen der AMÜP/AGATE als „schwerwiegend“ und die entsprechende UAW wird erfasst und dokumentiert.
Einmal pro Woche treffen sich die Monitore zu einer Klinik-internen Besprechung, bei der nicht nur die neuen UAW- und TDM-Kasuistiken diskutiert werden, sondern auch andere für die Arzneimittelanwendung relevante Nachrichten zur Sprache kommen (z.B. die Neueinführung von Medikamenten, Veränderungen des Preisgefüges oder Verordnungsverhaltens, aktuelle Berichte und Warnmeldungen zu Pharmaka). Neben den Monitoren nehmen an dieser klinikinternen Fallkonferenz in Regensburg auch der Klinische Pharmakologe und der Klinikapotheker teil, die im Wechsel die Sitzung leiten. Die AGATE-Beauftragten der angeschlossenen Einrichtungen treffen sich regelmäßig zu den zentralen AGATE-Fallkonferenzen. Hier werden alle dokumentierten UAWs diskutiert und von den anwesenden klinisch-pharmakologischen Fachleuten bezüglich ihrer Kausalität bewertet. Nach der Verabschiedung des Falles in der zentralen Fallkonferenz wird der Fallbericht in Regensburg in die elektronische UAW-Datenbank der AGATE eingegeben.
Als Grundlage für die Kausalitätsbewertung dient ein auf acht Ziffern basierendes System. Eine Besonderheit der AMÜP/AGATE ist die Vergabe der Ziffer 0, wenn zum Zeitpunkt der Kausalitätsbewertung ein Zusammenhang des Ereignisses mit einem bestimmten Wirkstoff ausgeschlossen wird. Hier mag eingewandt werden, dass immer wenn eine UAW dokumentiert wird, auch ein Zusammenhang mit einem bestimmten Wirkstoff gegeben sein muss, da anderenfalls keine UAW vorliegen würde. Diese offensichtliche Unlogik erklärt sich jedoch aus der in der Praxis häufig vorkommenden Polymedikation, bei der eine UAW zwar einem oder auch mehreren Wirkstoffen zugeordnet werden kann, für andere jedoch ausgeschlossen werden muß. Außerdem bemüht sich die AGATE, routinemäßig alle Suizidversuche und Suizide sowie alle in den Häusern auftretenden Todesfälle zu dokumentieren und zu erfassen. Die meisten dieser Ereignisse lassen sich nicht auf die Einwirkung von Medikamenten zurück führen. Die AGATE versucht jedoch auf diese Weise eine „100% Basis“ zu schaffen, die anders nicht, insbesondere nicht in prospektiven Studien, erstellt werden kann. Als Nebeneffekt ergibt sich außerdem, bei einer Auswertung dieser Ereignisse zu einem späteren Punkt evtl. doch einen Zusammenhang mit einem Wirkstoff erkennen zu können, der zum Zeitpunkt der Dokumentation mangels Kenntnisse nicht gesehen wurde.
Die AMÜP/AGATE ist Teil des deutschen Pharmakovigilanzsystems: Als Regionalgruppe Süd von AMSP fungiert sie als fachspezifisches Pharmakovigilanzzentrum für die Psychiatrie und arbeitet über die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) dem Bundesinstitut für Arzneimittel- und Medizinprodukte (BfArM) zu. Von dort werden die betroffenen Hersteller informiert und um eine Stellungnahme gebeten. Eine unmittelbare Information des Herstellers durch die AGATE unterbleibt, wenn es sich nicht um eine besonders ungewöhnliche und schwerwiegende UAW handelt, bei der Eile geboten scheint. Hierdurch sollen Doppelmeldungen in der Datenbank der Arzneimittelzulassungsbehörde vermieden werden.